Das Individuum: Die Stoische und Liberale Achse der Gesellschaft

Obwohl der Gedanke der persönlichen Unabhängigkeit in der modernen Gesellschaft oft hochgehalten wird, besteht wenig Zweifel daran, dass unser Einfluss auf andere weitreichender ist, als wir zuzugeben bereit sind. Dieses Bewusstsein ist insbesondere dann offensichtlich, wenn wir mit jüngeren Generationen interagieren. In ihrer Gegenwart sind wir uns der Verantwortung als Vorbilder akut bewusst, indem wir etwa darauf achten, an roten Ampeln stehen zu bleiben.

Jedoch endet unser Einfluss nicht bei der Erziehung von Kindern. In Wirklichkeit sind wir – ob bewusst oder unbewusst – formative Elemente im sozialen Gefüge, in dem wir uns bewegen. In diesem Kontext würde die stoische Philosophie betonen, dass wir einer Tugendethik folgen sollten. Unsere Handlungen werden selten im Vakuum ausgeführt; sie sind fast immer für jemanden sichtbar. Ein tugendhaftes Verhalten fördert nicht nur das Wohlstand des Individuums, sondern beeinflusst auch die Gemeinschaft positiv.

"Es ist leicht zu vergessen, dass Menschen Geschäfte mit Menschen machen, die sie mögen."[^1]

Dieses einfache Prinzip ist ein Fundament des Liberalismus und betont die Bedeutung des zwischenmenschlichen Verhältnisses in der freien Marktordnung. Wer sich respektvoll und würdig gegenüber anderen verhält, erhöht nicht nur die Chancen einer erfolgreichen geschäftlichen Zusammenarbeit, sondern fördert auch soziale Harmonie.

Der Einfluss des Individuums erstreckt sich auch auf die ethischen Normen einer Gesellschaft. Wie Massimo Pigliucci hervorhebt:

"Wir brauchen keine gesonderte moderne Theorie der moralisch-psychischen Entwicklung, um der übergeordneten Idee zuzustimmen, dass unsere Ethik aus einer Mischung von Instinkten, Training und, je nach Umständen, expliziter kritischer Reflexion hervorgeht."[^2]

Mit anderen Worten, unsere Taten setzen einen Präzedenzfall für das, was ethisch oder moralisch akzeptabel ist. Das, was wir tolerieren oder sogar fördern, wird von anderen in der Gesellschaft ebenso wahrscheinlich toleriert oder gefördert. Die Lektionen des 20. Jahrhunderts zeigen eindringlich, welche Konsequenzen das haben kann.

In diesem Sinne sollten wir uns bemühen, sowohl stoische als auch liberale Ideale in unserem täglichen Leben zu verkörpern. Wir sind nicht nur die Architekten unserer eigenen Realität, sondern auch Mitgestalter der Realität anderer. Und dies ist eine Verantwortung, die wir ernst nehmen sollten.

[^1]: Robin Sharma (2008): The Greatness Guide. 101 Lessons for Making What's Good at Work and in Life Even Better: Harper Business. Seite 25.

[^2]: Pigliucci, Massimo (2019): Die Weisheit der Stoiker. Ein philosophischer Leitfaden für stürmische Zeiten. Ungekürzte Taschenbuchausgabe. München: Piper. S. 140.